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"Mit Taten predigen"

Esther Henning

15. Juni 2024

Interview mit Heidi Brandenberg, Jahrgang 1961, Pflege- und Dialysefachkraft, Suchtberaterin. 4 Kinder, 6 Enkelkinder




Gemeindebote: Heidi, wie kamst du nach Bolivien?

Heidi B.: Den Wunsch ins Ausland zu gehen und dort zu arbeiten habe ich bereits mit 16 Jahren gespürt. Zweifel und andere Gründe hielten mich lange davon ab mir diesen Traum zu erfüllen. Letztlich war es mein Sohn der mich in dem Wunsch bestärkt hat. Bis zu meiner Entsendung nach Bolivien im Jahr 2010 gehörte ich dem Vereinsvorstand der Soforthilfe La Paz in Baden-Württemberg an. Dann habe ich quasi die Seiten gewechselt. Raus aus dem Ehrenamt, rein in die soziale Arbeit mit der Zielgruppe in der Andenmetropole La Paz und der Nachbarstadt El Alto. 

 

Gemeindebote: An welchen Stellen hast du dazugelernt und deinen Blick geweitet?

Heidi B.: Laut meiner Aufgabenbeschreibung sollte ich spezielle Maßnahmen zur Frauenförderung entwickeln, doch schnell merkte ich, dass man mit den Männern arbeiten muss, um die Situation der Frauen signifikant zu verbessern und der Benachteiligung und Gewalt gegen Frauen ein Ende zu bereiten. Ein entscheidendes Erlebnis war, das Verbot des Ehemannes einer qualifizierten, motivierten Ärztin, die wir für die Obdachlosenarbeit einstellen wollten.

Um Frauen besser vor Gewalt zu schützen, müssen wir mit den Tätern arbeiten.

 

Mit der Zeit hat sich meine Meinung über die deutschsprachige Comunity geändert. Zu Beginn mied ich den Kontakt; wollte schließlich in die bolivianische Gesellschaft eintauchen.

Relativ schnell wurde ich jedoch zu dem Adventsmarkt der evangelisch-lutherischen Gemeinde eingeladen, die bis zur Pandemie in der Martin Luther Kirche  veranstaltet wurden. Dort haben Frauen, mit denen die Soforthilfe La Paz zusammenarbeitet, selbst hergestellte Produkte verkaufen können.

Danach besuchte ich immer regelmäßiger die Gottesdienste, engagierte mich in der Vorbereitung von Kindergottesdiensten und in der Begleitung der Konfirmanden. So fand ich in der IELHA eine Heimat, die ich nicht mehr missen möchte.  

Adventsbasare unterstützten die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen und schenkten den sozial Benachteiligten in La Paz und El Alto durch den Verkauf von Backwaren und Kunsthandwerk Aufmerksamkeit.

Ich lebe anders als viele Gemeindemitglieder nicht in der Zona Sur von La Paz sondern in El Alto, aber das tut dem Gefühl dazuzugehören nichts ab.

Seit einigen Jahren gestalte ich das Gemeindeleben als Mitglied im Gemeindekirchenrat mit und bin dankbar dafür, dass die Mitglieder der Martin Luther Kirche auch mit Spenden die Arbeit der Soforthilfe La Paz unterstützen. 

 

Es ist wichtig offen zu bleiben, um unsere Ansätze in der sozialen Arbeit stets an aktuelle Bedürfnisse anzupassen, von den lokalen Kollegen und der Zielgruppe zu lernen. 

Ein wesentliches Element der Projekte zur Reintegration der Soforthilfe La Paz e.V. sind Kooperationen mit Haftanstalten und Heimen. Gemeinsam erreichen wir mehr.

Gemeindebote: Was hat dein Glaube mit der Arbeit zu tun? 

Heidi B.: Als Leiterin der Soforthilfe La Paz habe ich in den letzten Jahren dazu beigetragen die Arbeit zu professionalisieren. Wir haben von den bolivianischen Behörden den Status einer Nichtregierungsorganisation zuerkannt bekommen und sind kein reines Missionswerk mehr, das nur Gottes Wort verkündet. Trotzdem lässt sich die Soforthilfe La Paz von christlichem Wert leiten. Ich versuche mit Taten zu predigen. Mission bedeutet für mich, Vorbild sein. Es geht nicht darum Hilfe überzustülpen, sondern ins Gespräch zu kommen, Angebote zu machen und für den anderen da zu sein.  



Die Soforthilfe La Paz e.V. hilft sozial benachteiligten Menschen in La Paz und El Alto, indem sie ihnen Hilfe zur Selbsthilfe anbietet. Wenn Sie mehr über die Arbeit des Vereins und seine Projekte in Bolivien erfahren wollen empfehlen wir einen Blick auf die Homepage.

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