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Eine Dramaturgin und Schauspielerin seit 4 Jahren im Einsatz für Brot für die Welt in El Alto

Esther Henning

19. Juni 2024

Heimspiel für Coral

Das Entwicklungswerk der evangelischen Kirchen hat aktuell 4 Fachkräfte in Bolivien unter Vertrag, die lokale Partner mit fachlicher Expertise und einem Blick von außen begleiten. Coral Salazar Torrez unterstützt seit 2020 als Fachkraft mit deutschem und bolivianischen Pass das Centro de Comunicación Cultural Chasqui, ein Kultur- und Jugendzentrum in El Alto. Coral will mit ihrem theaterpädagogischen Ansatz  reale Konflikte bearbeiten, Jugendlichen empowern, damit sie zu Akteuren ihrer eigenen Lebensentwürfe werden, und die Zuschauer mit einbeziehen. Am liebsten arbeitet sie mit Gruppen im ländlichen Umland und schwärmt dabei von dem sternenklaren Himmel über Santiago de Okola am Titicacasee.  

„Mit Viva hab ich dort keinen Empfang. Dadurch kann ich auf dem Land sehr gut abschalten und zur Ruhe kommen.“

Die Theateraktivistin ist wunderbar anders. Geboren in El Alto (und gut vernetzt in der lateinamerikanischen Kulturszene), ohne Hochschulabschluss (allerdings mit viel Berufserfahrung), keine Kirchenmitgliedschaft (aber spirituell  geprägt)… auf den ersten Blick erfüllt die Entwicklungshelferin damit nicht die Anforderungen für eine Entsendung durch ein kirchliches Hilfswerk als Fachkraft nach Bolivien.


Fotos von Thomas Lohnes/ Brot für die Welt


Coral gehört seit ihrer Jugend der Theatergruppe Teatro Trono an. Sie hat 7 Jahre in Berlin gelebt und dort u.a. mit Schülerinnen und Schülern Theaterprojekte veranstaltet. Außerdem arbeitete sie mit weltwärts Freiwilligen, die sich auf einen Dienst in Lateinamerika vorbereiteten bzw. nach ihrer Rückkehr die Erfahrungen reflektierten. Mit ihrem schauspielerischen Talent kam sie beinah ohne Sprache aus. Ihr Motto dabei: Nicht verkopft und distanziert - lieber mit Herz und ganz nah dran! Dabei konnte sie sich ein großes Netzwerk aufbauen. Sie war 12 Jahre mit einem deutschen Mann verheiratet und wurde 2016 eingebürgert. Auf die Frage, warum sie zurück nach Bolivien gekommen ist, antwortet Coral differenziert:

„Ich kann hier mehr bewegen.“

Außerdem verspürte die 47-jährige den starken Wunsch, wieder in der Nähe ihrer Familie leben zu wollen.  

„Und natürlich möchte ich auch meine guten Erfahrungen zurückgeben.“

Coral eckt auch an und provoziert. Sie schult nicht nur mit ihrer Theaterarbeit die Reflektion, sondern provoziert auch zu einem Umdenken, durch ihre Einstellungen und Verhalten.  Sie hat sich bewusst für eine Leben ohne eigene Kinder entschieden und 2022 ein Scheidungsritual mit ihrem Exmann veranstaltet, um den Bund der Ehe wieder zu lösen. Damit gestalteten sie den Übergang zu einem neuen Lebensabschnitt. Für bolivianische Freunde und Verwandte war dieser Schritt sehr erstaunlich, da in der andinen Kosmovision verheirateten Frauen mehr Macht zugebilligt wird. Durch ihre rebellische Art, die in ihren Genen verankert zu sein scheint, will sie soziale und gesellschaftspolitische Themen aufmerksam machen.

 

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