Iglesia Evangélica Luterana de Habla Alemana (IELHA)
Evangelisch-Lutherische Kirche deutscher Sprache in Bolivien
Caroline Hilari
25. Nov. 2024
Bibliodrama im Kontext von El Alto
Vor einigen Monaten habe ich die kleine lutherische Gemeinde “Qhaphak Apu” kennen gelernt. Qhaphak Apu bedeutet Allmächtiger Gott auf Aymara. Es ist eine sehr kleine Gemeinde am Südrand von El Alto, nah an der Ausfahrtstrasse nach Oruro. Eine Handvoll Familien nur, die sich in einer Art Wohnzimmer versammeln, aber alle sind aktiv.
Zuerst kommt eine Stunde “Sonntagsschule”, in der durchaus nicht nur die Bibel gelesen wird, sondern vor allem auch aktuelle Themen der Kindererziehung oder der Paarbeziehung erörtert werden. Dann kommt eine Stunde Gottesdienst, wo die Jugendlichen die Bibeltexte vorlesen und die Lieder ansagen, einer von ihnen spielt den teclado und ein anderer Schlagzeug. Nach dem Gottesdienst wird zusammen gegessen, manche feiern auch Geburtstage, indem sie die ganze Gemeinde einladen. Die Männer beteiligen sich vor allem an der Logistik. Schliesslich gibt es am Nachmittag einen Kursus, meistens lernen die Frauen neue Handarbeitstechniken, um zum Haushaltseinkommen beizutragen.
An einigen der Sonntage hat die Gruppe “Red de teólogas Bolivia” einen Bibelkurs gegeben mit dem Titel “Frauen lesen und interpretieren die Bibel”. Als Abschluss dieses Kurses wird ein Bibliodrama aufgeführt. Ich hatte die Geschichte von Moses Geburt und Errettung gewählt, (2. Mose 1 und 2), weil da die Frauen eine hervorragende Rolle spielen:
· Die Hebammen Schifra und Pua, die sich dem Tötungsgebot des Pharao widersetzen und gewaltlosen aber geschickten Widerstand üben
· Die Mutter Jochebed, die auf die Idee kommt, das Kind im Schilfkörbchen in den Nil zu setzen
· Die jugendliche Schwester von Moses, Miriam, die zur Stelle eilt, um dem Kind eine vermeintliche Amme zu vermitteln (die in Wirklichkeit die leibliche Mutter ist).
· Die Tochter des Pharao, Teil der herrschenden brutalen ägyptischen Regierung, die sich des Kindes annimmt und die Politik ihres Vaters unterläuft.
Die Gemeinde hat den Text inkulturiert: das unterdrückte Volk waren Aymaras, die Hebammen waren in Cholakleidung, der Nil wurde der Titicacasee, der Pharao trat in Begleitung von Leibwächtern in bolivianischer Armeeuniform auf. Die Aufführung fand während eines grossen Gottesdienst statt, zu dem der gesamte Bezirk Viacha der evangelisch-lutherischen Kirche eingeladen wurde.
Zu diesem Zweck leihten sich Qhaphak Apu die örtliche Schule, weil das Wohnzimmer aus seinen Nähten platzte. Am Schluss sagte das leitende Pastorenehepaar (unbezahlte Laienprediger) Jonathan Uri und seine Frau Rita Flores: “manchmal wirkt Gott durch die Frauen”. In der Tat, antwortete ich, Gott hat keine anderen Hände als unsere, Frauen und Männerhände.
Die Arbeit der "Red de teólogas Bolivia" wird zur Zeit unterstützt von dem holländischen Missionswerk: Mensen met een missie (Menschen mit einer Mission) https://www.mensenmeteenmissie.nl/en/projecten/bolivia/.