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Kirche gegen Rechtsextremismus

Matthias Strecker

24. Apr. 2024

Ja zu gelebter Menschenfreundlichkeit Gottes. Nein zum Rechtsextremismus

Die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern hat kürzlich ein Buch herausgegeben, das den Titel trägt: Ja zu gelebter Menschenfreundlichkeit Gottes. Nein zum Rechtsextremismus – der wird hier definiert durch seine Orientierung an der (angeblichen) ethnischen und nationalen Zugehörigkeit, Ausgrenzung bestimmter Menschen und Bestrebungen, eine antidemokratische und autoritäre Gesellschaftsform zu schaffen. In dem Buch werden Haltungen, Erfahrungen und Perspektiven der Kirche zu diesem Thema präsentiert. Anlass sind die Erkenntnisse, dass Teile der Alternative für Deutschland (AfD) rechtsradikale Tendenzen vertreten, Hass gegen Immigranten propagieren und sogar Nazi-Parolen verkünden, was in allen Bundesländern zu heftigen Protesten von engagierten Bürgern, aber auch Religionsgemeinschaften geführt hat. Laut Verfassungsschutz gibt es in der Bundesrepublik 24.000 Rechtsradikale, aber die Zahl ihrer Helfer und Sympathisanten ist vermutlich sehr hoch. Schon 2012 wurde in einer wissenschaftlichen Studie festgestellt, dass etwa 20% der Bevölkerung Deutschlands einen latenten Antisemitismus teilen. Aber auch andere Vorurteile sind weit verbreitet und zeigen sich z.B. in Homophobie, Abwertung von Obdachlosen und von Behinderten, Islamfeindlichkeit, klassischem Sexismus und Abwertung von Langzeitarbeitslosen.

Die unsägliche Zusammenarbeit der Kirchen mit dem NS-Staat bleibt ein dunkles Kapitel unserer Geschichte und darf sich nicht wiederholen. Wehret den Anfängen, die erneut zu einer ähnlichen Entwicklung, zu Ausgrenzungen, Verfolgungen und Morden führen können!


In diesem Sinne ist zu begrüßen, dass die Kirche fest zu den Prinzipien der Humanität steht, die bereits in der Hebräischen Bibel (im Alten Testament) verankert sind: Gott schuf den Menschen (alle Menschen) nach seinem Bild. Fremde sollen nicht unterdrückt, sondern freundlich aufgenommen werden, „denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen“. Der jüdische Theologe Martin Buber drückt eines der höchsten Gebote wie folgt aus: „Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du.“ Der Apostel Paulus erklärt die Gemeinschaft aller christlichen Gläubigen: „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.“ (Galater 3, 28) Ferner hat Dietrich Bonhoeffer Jesus Christus als den Menschen für Andere und die Kirche als Kirche für Andere beschrieben (siehe auch Matthäus 25,35-40). Die Verbundenheit mit Juden, dem von Gott auserwähltem „Volk Israel“, und die strikte Ablehnung des Antisemitismus gehört dazu. Ebenso von kolonialistischem Weltbild und Rassismus. Auch Muslime erkennen Christen – Gott sei Dank – als ihre Brüder und Schwestern an.


Daher stehen Christen im Bündnis mit allen Gruppen, die die Werte unseres Grundgesetzes verteidigen, in dem es heißt: „Die Würde des Menschen (aller Menschen) ist unantastbar.“ – „Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner (angeblichen) Rasse, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“


Was tun angesichts der bedrohlichen aktuellen Lage? Die Verfasser des Buches nennen zahlreiche Beispiele für die Beteiligung der Kirchen und/oder engagierten Christen in Erziehungsarbeit, Diakonie, Veranstaltungen, Bündnissen, Foren und Demonstrationen, die sich gegen Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft wenden, ferner der Einrichtung und Pflege von Gedenkstätten an Orten von gesellschaftlich bedingten Verbrechen, allgemeiner „Erinnerungskultur“ mit Ausstellungen, Veröffentlichungen und anderem; sie nennen Ansprechpartner und Netzwerke. Der kürzliche Ausschluss eines Pfarrers aus der Ev. Kirche, weil er für die AfD kandidierte, ist zu begrüßen.


Das ist kein leichter Weg. Es gehört auch dazu, die Verunsicherungen und Ängste von vielen Mitbürgern angesichts der steigenden Immigranten ernst zu nehmen und gesprächsbereit zu sein.


Das Buch der ev.-luth. Kirche in Bayern fordert dazu auf, im Dialog mit Andersdenkenden nicht zu belehren oder mit erhobenem Zeigefinger zu moralisieren, sondern geduldig zuzuhören und den eigenen Standpunkt aufgrund unserer humanitären und religiösen Überzeugungen klarzustellen.

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