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Zwischen den Welten

Esther Henning

1. Feb. 2024

Gemeindemitglied mit musikalischem Talent

Zwischen den Welten




Dagmar Dümchen kam mit 6 Jahren das erste Mal nach La Paz. Ihr Vater war 9 Jahre Pastor in der evangelisch-lutherische Kirchengemeinde im Regierungssitz Boliviens. Die achtköpfige Familie lebte damals im Pfarrhaus in Sopocachi. Es sind die Jahre der Militärdiktatur von Banzer. Schusslöcher als Spuren dieses dunklen Kapitels der bolivianischen Geschichte sind auch heute noch in den Kirchenfenstern der höchstgelegensten deutschsprachigen evangelische Auslandsgemeinde auszumachen, berichtet Dümchen. Der Rassismus in der deutschen Kolonie in La Paz, in der der NS Verbrecher Klaus Barbie Unterschlupf fand, wurde auf die sog. Indios übertragen. Erste Annäherungsversuche die Dagmars Vater als Auslandspfarrer und Kämpfer für die Menschenrechte zu der evangelischen Ortskirche unternahm waren daher verpönt.



In Bolivien begann Dümchen, das älteste Kind ihrer Eltern,  ihre musikalische Karriere. Sie lernte mit 12 Jahren Gitarre und schrieb erste Folk-Songs, die sie zunächst jedoch nicht vor Publikum aufführte. Später machte sie Protestmusik inspiriert von politischen und gesellschaftlichen Phänomenen in Deutschland und Lateinamerika.


Natürlich war die evangelische-lutherische Kirchengemeinde in La Paz vor 50 Jahren stärker an Mitgliedern, aber auch eine sehr elitäre Gemeinschaft. Heute hingegen freut sich Dagmar, dass ein lebendiger Kontakt zu den evangelischen Pastören auf dem Altiplano gepflegt wird und die Gottesdienstbesucher in Vielfalt miteinander verbunden sind. „Viele von uns sind Deutsch-Bolivianer und zwischen den beiden Welten zu Hause.“ Nach dem Abitur, welches Dümchen in Deutschland abgelegt hat, kam sie zum Medizinstudium an der UMSA zurück in den Andenstaat. Mit verschiedenen Unterbrechungen lebt Dagmar inzwischen seit 38 Jahren in Bolivien. Einmal im Jahr fliegt die Physiotherapeutin und Sängerin nach Deutschland, um Freunde und Familie zu treffen. Dann spielt sie ihre Musik auch auf deutschen Bühnen. Da sie auf spanisch singt, fällt ihr der Kontakt mit ihren bolivianischen Zuhörern bei Konzerten aber merklich leichter. 2010 hat sie als Sängerin Bolivien auf der Weltausstellung in China als Chola gekleidet vertreten.




„Ich habe in der ev. Kirche in Sopocachi geheiratet. Die ökumenische Trauung gestaltete mein Vater, der dafür extra angereist kam. Am 16. März diesen Jahres werde ich das erste Mal in der Kirche singen.“  


Zu dieser Premiere führt Dagmar gemeinsam mit ihrer Tochter, die in Deutschland Musik studiert und Cello spielt, ein Lied auf, das sie für ihren inzwischen verstorbenen Vater geschrieben hat. „Der bolivianische Vatertag scheint mir dafür ein geeigneter Anlass.“


Die lebendige und erdverbundene Spiritualität der Andenvölker fasziniert die Sängerin. Sie mag die Mischung aus christlichen Bräuchen und dem indigenen Volksglauben. Kein Wunder, das viele Lieder des aktiven Mitglieds unserer evangelisch-lutherischen Gemeinde eine Hommage an Bolivien, seine Feste, Menschen und Landschaften sind.


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